Pastor Jääsch wurde am 17.11.1805 um 23.00 Uhr in Düsseldorf
geboren. Auf den Namen Fridericus Eduardus Gerst wurde er am 19.11. in der
St.Lambertus Kirche getauft. Die Paten waren Petrus Gerst und Catharina
Gerst. Seine Eltern waren Wilhelm Gerst und Adelheid Meurer, die in Düsseldorf
im Haus Nr 607 wohnten.01 Diese
Haus lag in der Hunsrückenstraße Nr 36 und wurde "zu den drei
Schollen" genannt. Er war das sechste Kind und es sollten ihm noch acht weitere
folgen. Nicht nur der Vater sondern auch schon der Großvater war Fuhrmann.
Letzterer übernahm das Geschäft wahrscheinlich von seinem Schwiegervater
Joannes Theodor von Herdt. Ebenso waren auch Onkel, Brüder und
Neffen im Fuhrgeschäft tätig.
Theodor Groll, ehemaliger Meßdiener bei PJ und Verfasser der 1885 erschienenen
"Geerschtiaden", behauptet in seiner kurzen Lebensbeschreibung über das
Düsseldorfer Original, daß er eine Schreinerlehre gemacht und
als Geselle gearbeitet hat. Bis jetzt konnte ich dafür keine Beweise
finden. Sicherlich wird Groll es von Pastor Gerst selbst erfahren haben.
"Auf dem Gymnasium Düsseldorf vorbereitet" beginnt Gerst sein Studium mit fast 27 1/2 Jahren am 29.April 1833 in Bonn und studiert bis zum Wintersemester 1835/36 dort katholische Theologie. 02Anschließend besuchte er das Priesterseminar in Köln, wo er am 25.09.1837 zum Priester geweiht wurde. Er wird als "mittelmässiges Subject, gutmütig aber nicht ganz selbstständig, gefällig, die äussere Bildung ist nicht besonders, gesund und stark, predigt mittelmäßig." beurteilt.03 Noch während er im Priesterseminar war, wurde er vom Pfarrer in Lützenkirchen für die dortige Vikarstelle vorgeschlagen, die er auch am 12.12.1837 erhält. 04 Er hat also nicht an verschiedenen Stellen im Bergischen gearbeitet, wie es in mehreren Aufsätzen immer wieder behauptet wird, sondern war von Anfang an bis zu seiner Rückkehr nach Düsseldorf in Lützenkirchen.
Nach vier Jahren bewirbt er sich um die gerade freigewordene Stelle als Gefängnisgeistlicher in der Königlichen Arrest- und Corrections- Anstalt. Er wird "in Folge der Genehmigung des königlichen hohen Ministeriums des Innern vom 24ten October 1841 zum Seelsorger an dem hiesigen Gefängnißhause für den katholischen Theil deßselben ernannt und ihm für eine Treue Wahrnehmung der damit verbundenen Amtspflichten der Genuß der mit dieser Stelle ver- bundenen Rechte zugesichert.". 05 Diese undankbare Aufgabe wurde bis dahin von den Vikaren der Maxkirche, zu deren Pfarrbezirk das Arresthaus gehörte, "nebenbei" mit erledigt.
Im Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv und im Archiv des Erzbistums Köln sind einige Briefe von und über ihn zu finden. Man findet Anträge auf eine Gehaltserhöhung, ein neues Amtskleid oder neue Gebet- und Gesangbücher. Ebenso findet man lebhafte Briefwechsel, die erkennen lassen, daß PJ neben seiner "Sorgen- und Kummervollen Stelle" sich auch noch mit den Behörden rumärgern mußte. Ende 1846, also gut fünf Jahre nach seiner Ernennung zum Gefängnisgeistlichen, fordert das Erzbischöfliche General-Vikariat Pastor Jääsch auf, die Ernennungsurkunde und die schriftliche Genehmigung für den Wechsel ans Gefängnis einzureichen. Es wird ihm vorgeworfen "mit der unverzeihlichsten Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit sich in eine Stelle begeben, die Sie ohne unsere kirchliche Sendung unter keinem Vorwande antreten und verwalten dürften. ...... wenn wir aus dieser Verkommenheit auf Ihre Qualification zu der schweren Stelle schließen sollten". Am 23.12.1846 wird ihm dann endlich von der Kirchlichen Oberbehörde "die Seelsorge am Arresthause übertragen". 05
Nach dem Vorwurf "seinem Beruf seit längerer Zeit nicht diejenige Zeit und Hingebung " entgegen zu bringen, antwortete er mit einem Bericht über seine Tätigkeit im Jahre 1861 an die Königlich hochlöbliche Regierung: "drei bis vier Predigten für alle Gefangene, Gottesdienst für die weiblichen Gefangenen, zwei mal die Woche versammle ich die jugendlichen Gefangenen , Leitung des Gesangsunterrichts, 70-80 Privatansprachen, insgesamt sind es 18 bis 20 Stunden, die ich wöchentlich in dem Arresthause verbringe. Hinzu kommen noch einmal 12 Stunden die Wochen, die ich für die Vorbereitung auf Vorträge benötige. Weiter noch die Zeit, die die täglichen oft sehr trübseligen Besuche der Familien der Gefangenen in Anspruch nehmen". Weiter äußert er sich über den Gefängnis-Direktor. Gerst meint, daß er mehr Stunden im Arresthaus verbringt als der Direktor und dieser den Gottesdienst nicht besucht. Der Direktor kontrolliert auch die Tätigkeit von Gerst nicht selbst, sondern beauftragt einen "gewöhnlichen Aufseher". Deshalb schlägt Gerst eine neutrale Person vor, die die Angestellten und Gefangenen nach seiner Wirksamkeit befragen sollen.Hiermit begann der Streit um seine Versetzung in den Ruhestand. Zuerst wollte man ihn an eine andere Pfarrstelle versetzen, was aber ("Durch seine Schwerhörigkeit, die ihn für den Dienst im Arresthause untauglich macht, würde ihn wohl auch sehr in einer normalen Pfarre stören.") verworfen wurde. Im Oktober 1865 wird Conrad Prell zum Stellverteter des Seelsorgers am Arresthause bestimmt. Er tritt auch später die Nachfolge von Pastor Gerst an. 06
Dazwischen feierte PJ am 25.September 1862 sein 25.jähriges Priesterjubiläum. Von der Feier berichtet der Düsseldorfer Anzeiger in seiner Ausgabe vom 26.9.1862 : "In welch` hohem Grade der Jubilar sich der allgemeinen Hochachtung und Liebe erfreut und welche ungetheilte An- erkennung sein rastloses und segensreiches Wirken in seinem gewiß nicht beneidenswerthen Berufe in allen Classen der Gesellschaft, unter der ganzen Einwohnerschaft ohne Unterschied der Confession findet, davon lieferte die von den zahlreichen Freunden des verdienstvollen Mannes veranstaltete Festlichkeit den überzeugendsten Beweis. An der Festtafel saßen 112 "Festgenossen", vor denen Herr Advokat-Anwalt Bloem die Festansprache hielt. Er schilderte ihn als den wahren und echten Priester Gottes, der seinen heiligen Beruf ganz und nach allen Richtungen hin ausfüllt, als den characterfesten willenskräftigen Mann, als einen biedern und braven Mitbürger und als den erprobten echten Freund, bei welchem Jeder Trost, Ermunterung und Hülfe finde. Als sichtbares Zeichen der allgemeinen Verehrung und als Andenken an den Gegenwärtigen festlichen Anlaß übberreichte der Redner dem Gefeierten einen schönen silbernen Pokal mit der Widmung: Jubilario Friederico Gerst Amici, 1862. , mit dem Wunsche, daß demselben nach weiteren 25 Jahren, wo möglich an derselben Stelle, ein goldener folgen möge. ...... Es dauerte lange, ehe die Akklamationen sich legte, die den bedeutungsvollen, ganz aus der Seele aller Anwesenden gesprochenen Worten des wackern Redners folgten.Die einfache; schlichte und herzlich dankende Erwiderung des allgeliebten Mannes gewährte einen tiefen Einblick in das offene, gerade, jeder Heuchelei unfähige Herz desselben und bekundete von Neuem dessen edlen und liebenswürdigen Charakter. .... Zwischen den verschiedenen Reden ertönten festliche Lieder zum Preise und zum Lobe des Ehrenmannes, dem das schöne und sinnige Fest galt, das einen überaus heitern und dennoch der hohen Bedeutung der Veranlassung würdigen Verlauf nahm und erst um die Mitternachtsstunde mit den heißesten Segenswünschen für den wackern Jubilar und sein ferneres gedeihliches Wirken schloß." 07
Am 13.09.1867 stirbt PJ um 19 Uhr im Kloster der barmherzigen Schwestern
und wird am 16.09. auf dem Golzheimer Friedhof beerdigt. Die Anteilnahme seitens
der Bevölkerung war sehr groß, was man den Zeitungsberichten entnehmen
kann.
Selbst nach dem Tod lebt PJ in den Herzen der Düsseldorfer weiter. In
mehreren Büchern, Aufsätzen und Zeitungsartikeln wird seiner Gedacht.
Es gibt ein Theaterstück, ein Hörspiel und ein Weg der nach ihm
benannt wurde. Ebenso erscheint sein Bild auf Bierdeckeln, Postkarten und
Karnevalsorden. Die Altstädter-Bürger-Gesellschaft verleiht die
Pastor Jääsch Plakette und die 1947 gegründete Tischgemeinschaft
Pastor Jääsch im Heimatverein Düsseldorfer Jonges hält
seinen Namen in Ehren.
Quellen und Anmerkungen:
01 Stadtarchiv Düsseldorf, Kirchenbuch
St. Lambertus Taufeintragung vom 19.11.1805
02 Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn, Briefwechsel
03 Historisches Archiv des Erzbistums Köln,
Gen 11.5,6
04 Historisches Archiv des Erzbistums Köln,
GVA Lützenkirchen 10
05 Historisches Archiv des Erzbistums Köln,
GVA Düsseldorf überhaupt 9
06 Erzb. Diözesan - und Dombibliothek Köln,
Handbuch der Erzdiozese Köln von 1869
07 Unibibliothek Düsseldorf, Düsseldorfer
Anzeiger von 1862 ( f 26 )
(Dieser Artikel wurde auszugsweise in der Rheinischen Post vom 13.9.1997 veröffentlicht.)
Dirk Strauch, aus Leverkusen, Jahrgang 1966, verheiratet, zwei Söhne.
Bei der Erforschung der Familie meiner Mutter stellte ich fest, daß
mein Urururgroßvater der Bruder von Pastor Jääsch war. Die
Suche nach allem,
was mit dem "Düsseldorfer Don Camillo" zu tun hat begann. Dieser Bericht
soll nur eine kurze Auswahl von dem sein, was ich zusammengetragen
habe. Mittlerweile ist auch unter zuhilfenahme meiner Unterlagen ein neues
Buch über Pastor Jääsch erschienen. Es wurde von Thomas Schatten
geschrieben.
Weitere Hinweise über Pastor Jääsch und seine Familie nehme
ich dankend entgegen.